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"Solidarity Cities": Die Rolle von Städten in der Demokratieförderung

"Solidarity Cities": Die Rolle von Städten in der Demokratieförderung

Ich wünschte, ich könnte mit etwas Positivem anfangen. Aber ich kann nicht. Was wir in den letzten Jahren in Deutschland, Europa und Welt erlebt haben, ist leider viel zu alarmierend dafür. Denn worum wir derzeit kämpfen, ist nichts weniger als die Existenz unserer Demokratie. Denn wo auch immer wir hinschauen, sehen wir, wie grundlegende demokratische Werte in Frage gestellt werden. Wir sehen, wie Politiker und zivilgesellschaftliche Akteure, die für Menschenrechte, Flüchtlinge und Minderheiten kämpfen, mit ihrem Leben bedroht werden. Wir sehen, wie Wissenschaftler, Journalisten und Künstler, die nur ihre Arbeit machen wollen, unter Druck gesetzt werden. Und wir sehen, wie sich Rassismus in unserem Land ausbreitet. Der schreckliche Angriff in Hanau letzte Woche, bei dem zehn Menschen ermordet wurden, ist leider keine Ausnahme.

Aber viele große Städte wehren sich. Nicht allein, sondern gemeinsam. Wir sind in multilateralen Städtenetzwerken organisiert, pflegen bilaterale Partnerschaften miteinander und haben zusammen die Macht, Nationalismus und Rechtspopulismus nicht nur auf individueller, sondern auch auf nationaler Ebene zu bekämpfen.

Als Berlins Staatssekretärin für Internationales und Bürgerschaftliches Engagement kann ich mit Stolz sagen, dass Berlin für Freiheit, Offenheit und Vielfalt steht. So sehr, dass große NGOs wie die Open Society Foundations ihre Hauptsitze von Orten hierher verlegen, an denen sie von Antidemokraten unter Druck gesetzt wurden. Berlin fördert die Demokratie, und zwar nicht nur hier, sondern auch international.

Wenn Regierungen demokratische Rechte einschränken, Rassisten und Rechtsextremisten die Straßen und Diskurse besetzen, übernehmen sie sowohl den physischen als auch den gesellschaftlichen Raum. Und wenn dies geschieht, werden Worte sehr bald zu Taten. Um dies zu stoppen, müssen sich die demokratischen Städte gegenseitig unterstützen.

Zwei Beispielen illustrieren, dass Berlin genau das tut: Erstens unterstützt Berlin Warschau, Budapest, Prag und Bratislava, die Hauptstädte der Visegrád-Staaten. Sie haben kürzlich den Pakt der Freien Städte geschlossen. Wo? In Berlin. Die pro-europäischen Bürgermeister dieser Städte werden jetzt noch enger zusammenarbeiten, um Demokratie, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit in ihren Ländern zu fördern. Im vergangenen Monat haben sie Berlin gebeten, einen Brief an die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, zu unterzeichnen, was wir auch getan haben. Die vier Bürgermeister forderten, dass die EU-Mittel direkt an die Städte und nicht über ihre nationalen Regierungen gezahlt werden, um den Europäischen Green Deal umzusetzen. Ein Projekt, das sie im Gegensatz zu den nationalen Regierungen der Visegrád-Staaten unterstützen.

Zweitens unterstützt Berlin nachdrücklich die Menschen und den Bürgermeister von Istanbul, Ekrem İmamoğlu. Er besuchte uns kurz nach seiner Wahl und betonte, dass er für die Demokratie in Istanbul und der Türkei kämpfen werde. Berlin begrüßt dies und hat vor zwei Jahren das Stipendienprogramm „Weltoffenes Berlin“ ins Leben gerufen, um Künstlern und Akademikern einen sicheren Hafen zu bieten, die aufgrund ihrer politischen Überzeugung in ihren Ländern verfolgt werden. Viele der geförderten Menschen kommen aus der Türkei.


Und dies sind nur zwei Beispiele von vielen. Städte müssen füreinander eintreten. Mehr als je zuvor. Nur wenn wir Allianzen bilden, können wir unsere Stimmen Gehör verschaffen. Städte müssen ihre entscheidende Rolle als Bollwerke der Demokratie und gegen rechten Nationalismus begreifen. Metropolen können wichtige Signale senden und Antipoden für rechte Bewegungen sein.

Wenn wir nicht beginnen, unsere Demokratien als Solidarity Cities umfassend zu fördern, fürchte ich, unsere demokratischen Grundrechte sind gefährdet. Sie zu verlieren ist leider eine reelle Möglichkeit. Antidemokratische Ideologien und Extremisten sind stark, aber wir sind stärker. Jetzt liegt es an uns.

 

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